Freitag, 24. Februar 2017

Scott Gambler WC 2014 – Mein Fazit


Was soll kommen nach einem Rad, von dem ich absolut überzeugt war und das für mich und meine Fahrweise super funktioniert hat? Leider war mir das Intense 951 ein Stück zu klein und ein gebrauchtes Evo Modell (die 650b Variante des 951) in der Größe L zu bekommen ist nach wie vor sehr schwer. In einem Jahr habe ich einen Rahmen gesehen der zum Verkauf stand und mein Budget bei weitem überstieg.

Also schoss ich mir ein Gambler in der Größe L aus dem Jahr 2014 zu einem wirklich guten Preis, vor allem mit dem passenden Dämpfer sowie einer Titanfeder. Das war gleichzeitig auch einer guter Anreiz dafür, ein paar Kilo (oder auch ein paar mehr) zu verlieren um keine neue Feder kaufen zu müssen.  Der Rahmen war in einem super Zustand, der Aufbau zog sich hauptsächlich wegen des Pressfit Standards etwas hin. Doch vor allem möchte ich hier viel über Geometrie und Fahreigenschaften loswerden, da ich dieses Jahr umfangreiche Tests mit dem Rad machen konnte. Um es schon einmal direkt zu sagen: Ich habe den Rahmen bereits gewechselt, denn er liegt mir nur unter gewissen Umständen und verhält sich beim Fahren in einigen Situationen weder „logisch“ noch „planbar“.

Ich bin das Rad mit den 0° Schalen gefahren und mittlerweile davon überzeugt, dass +1° für mich besser wäre. Denn 62,7° bzw. 62° sind mir schon ein Stückchen zu flach im Mittelgebirge. Weiterhin habe ich vor den ersten Fahrten andere Fahrberichte gesehen und las, dass die Kombination der vier Einstellmöglichkeiten nur in zwei Varianten sehr gut funktioniert. Die Dämpferposition ist zweifach einstellbar und verändert Reach, Tretlagerhöhe und Lenkwinkel. Also einmal: 436mm, tiefes Tretlager und 62° oder 442mm, hohes Tretlager und 62,7°. An der Kettenstrebe gibt es eine kurze und eine lange Einstellung. Die meisten Empfehlungen gingen zu den Einstellungen, hoch/lang und tief/kurz. Die für mich beste Kombination war jedoch hoch/kurz. Also langer Reach, steilerer Lenkwinkel und kurze Kettenstrebe. Warum? Nun, ich mag große Rahmen und fand das Bike in der tiefen Einstellung zu kurz und vorn zu flach. Das fuhr sich für mich sehr unausgewogen, hingegen war mir die lange Einstellung hinten zu träge und das Rad war nicht mehr spritzig genug. Trotzdem: Das Rad könnte vom Reach her noch gerne 1-2cm zulegen, damit es mir mit 1,80m passt. Aber das ist reine Geschmackssache.

Nun zu den Fahreigenschaften. Wenn Claudio Calouri damit die Worldcup Pisten runter brettert und das ganze auch noch überlebt und einige Jungs darauf schnell unterwegs sind und/oder sehr stylisch, dann kann an dem Rad doch nix verkehrt sein, oder? Da ist ein langer Dämpfer in Verbindung mit der schicken Umlenkung mal eine ganz neue Erfahrung für mich. Außerdem fuhr ich das Rad bereits zum Bikefestival in Willingen und war durchaus zufrieden damit.

Tatsächlich offenbarten sich konstruktionsbedingte Schwächen des Hinterbaus in dem einem Jahr für mich mehr und mehr. Viele können anscheinend damit leben, aber leider kann ich das nicht. Der hohe Drehpunkt in Verbindung mit einem herkömmlichen Kettenantrieb ist tückisch, denn die Kette wird deutlich stärker gespannt als bei anderen Hinterbauten. Wenn man Geräusche gut abkann, fährt man einfach mit einer etwas längeren Kette und lässt sie auf die Strebe schlagen. Mit einer exakt gekürzten Kette beginnt Diese jedoch, den Dämpfer erheblich zu beeinflussen und das macht das Rad dann unberechenbar. Also entweder hat man ein lautes Rad oder eins, das nicht richtig funktioniert. Ich probierte diverse Längen aus und baute schlussendlich auf singlespeed um, weil das Schaltwerk innerhalb kürzester Zeit total weich war. Kein Kompromiss schien zu funktionieren. Doch gerade in der Zeit, wo ich das Rad im Bikepark Hürtgenwald aufgrund der Antriebsprobleme ohne Kette fuhr, war alles in bester Ordnung und der Hinterbau arbeitete perfekt. Beim Bremsen hatte man nach wie vor einen blockierenden Dämpfer, aber die Reibung durch die Kette war weg und jeder Absprung fühlte sich kontrolliert und sicher an. Das Rad wirkte befreit und offenbarte extrem hohe Kurvengeschwindigkeiten sowie sehr gutes Feeling bei schnellen Sektionen. Ich fuhr den Dämpfer mit einem Sag von ca. 33% und sehr viel LSC, es empfahl sich nicht, besonders viel HSC hinzuzufügen oder den Druck im Ausgleichsbehälter zu erhöhen, da der Hinterbau dann sehr schnell bockig wurde.

Dennoch überzeugt mich das Konzept dieses Rades nicht, denn durch den hohen Drehpunkt werden zu viele Kompromisse eingegangen, die nicht im Verhältnis zu den Vorteilen stehen. Desweiteren sieht man im Worldcup oder bei einigen gesponserten Fahrern kürzere Dämpfer mit anderer Umlenkung. Mir ist ein ausgewogenes Rad, welches sich immer gleich verhält und somit viel Sicherheit gibt viel wichtiger und lieber. Aber mein Fahrstil ist auch nicht so agressiv und meine Linie die des kleinsten Widerstands. Vielleicht passten das Gambler und ich einfach nicht so gut zusammen.


Der nächste Rahmen liegt schon zu Hause und befindet sich bald im Aufbau. Es ist wieder ein Intense und sehr nah mit dem 951 verwandt. Sobald es aufgebaut ist, werde ich es vorstellen und am Ende des Jahres 2017 mein persönliches Fazit ziehen. Meine Hoffnung allerdings liegt darin, diesen Rahmen für ein paar Jahre zu fahren. So jedenfalls die Theorie…