Samstag, 19. November 2016

Training in der Off-Season


Die Tage werden kürzer, die Bikeparks schließen und wer kein Enduro hat, ist mit einem Downhiller allein ziemlich aufgeschmissen. Was kann man also sinnvolles tun, um nächstes Jahr etwas schneller sein zu können? Mittlerweile habe ich eine recht ausführliche Antwort darauf, die nicht zwangsläufig jedem zusagen muss, aber eventuell einige davon überzeugt, meine Ideen auszuprobieren.
Ende 2015 wog ich nach dem Weihnachts-Fresskoma knapp über 90kg. Das Problem bei 1,80m ist nicht nur das Gewicht allein gewesen, sondern vor allem auch Verhältnis von Fett zu Muskeln. Im Jahr 2016 besuchte ich zusammen mit einem Freund einen alten Schulfreund in München. Er schlug vor, nachdem wir bereits Freitag das eine oder andere Bier verzehrten am Tag darauf bouldern zu gehen. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen und war außer auf den Birnenbaum im Garten meiner Großeltern noch nie wirklich geklettert.
Doch nach wenigen Minuten an der Wand war ich direkt beeindruckt und völlig begeistert von dieser Sportart. Mein Fitness-Level zu diesem Zeitpunkt war miserabel, doch das tat dem Spaß keinen Abbruch. Als ich mich wieder in Aachen befand, ging ich recht schnell in die Moove Boulderhalle in Aachen, leihte mir dort die Schuhe aus und verbrachte Stunden dort. Dann kam die Zeit, auch einmal die andere Halle in Aachen auszuprobieren und da war es geschehen: Hier fühlte mich direkt super wohl, gute Musik, nette Leute und jede Woche neue Routen. Das ist die Campus Boulderhalle in Aachen. Doch Halt! Was ist denn jetzt eigentlich bouldern? Das ist eine Form des Sportkletterns ohne Sicherung in Absprunghöhe. Wie jetzt? Kein Seil? Und wenn man fällt? Dann sind da natürlich Matten. Wenige Wochen später kaufte ich mir eigene Schuhe und schloss ein Abo in dieser Halle ab, 40€ monatlich halte ich nach wie vor für ziemlich fair. Doch was hat das jetzt mit Downhill zu tun? Grundsätzlich nichts, aber was es für den Downhillsport bringt ist sehr interessant.
Wenn man so wie ich dieses Jahr ab ca. März zwei bis drei Mal in der Woche für 2-3h bouldert, eröffnen sich auf dem Rad völlig neue Möglichkeiten. Wie ich bereits erwähnte, hatte ich bis Dato immer das Problem irgendwann zu schwach zu sein und deshalb nicht schneller fahren zu können. Mit dem Beginn des Bouldersports sollte sich das jedoch stark verändern. Wie soll das gehen? Durch ein bisschen Kletterei kann man also schneller auf dem Rad werden?
In den Winter- und Frühlingsmonaten machte ich fast jeden Tag Sport, zusätzlich zur Kletterei joggte ich oder betrieb Zirkeltraining. Langsam begannen die Kilos zu purzeln und ich erreichte zwischenzeitlich 81kg. Momentan sind es 83kg, aber vor allem hat sich nicht nur Fett verabschiedet sondern auch einiges an Muskelmasse gebildet. Nicht wirklich sichtbar, aber auf dem Rad spürbar. Und als ich meine Gabel dann mit erhöhtem Luftdruck fahren musste, die Druckstufe komplett zudrehen konnte und sie sich immer noch zu weich anfühlte wusste ich, dass sich einiges verändert hat. Es war Kraft vorhanden. Kraft, um das Bike in Kurven zu halten, auch wenn man sie schneidet oder mit voller Wucht durchzieht. Aber das war nicht alles.
Beim bouldern trainiert man nicht nur große Muskelgruppen, sondern auch die Kleinen. Das große Hindernis am Anfang ist vor allem das eigene Körpergewicht, zusätzlich zur fehlenden Technik. Aber vor allem lernt man seinen Körper kennen, muss balancieren können und auch einfach mal den Willen haben, eine Route zu schaffen. Und genau da liegt die Stärke des Sports. Spielerisches Training mit kleinen Zielen und Erfolgen. Denn ein kleiner Erfolg kann schon ein einziger Zug sein. Frei nach dem Motto: easy to learn, hard to master. Aber wenn man weiter kommen möchte, muss man nach dem Kletterei noch kleine Workouts einschieben. Und dann geht es weiter, man möchte engere Schuhe, klettert stärker im Überhang, kann auf einmal kleinere Griffe halten und tritt auf Flächen, die halb so groß wie ein Kronkorken sind. Und ohne es zu bemerken definiert man sämtliche Muskelgruppen am Körper, erhält Körperspannung und schafft immer größere Herausforderungen.
Dieser Sport ist einfach die ideale Ergänzung für einen ambitionierten Bikeparkbesucher oder jemanden, der ernsthaft Rennen fahren möchte und keine Lust hat, sich durch langweilige Übungen im Fitnessstudio zu beißen. Probiert es aus! Natürlich macht man ganz am Anfang quasi alles falsch, aber es gibt viele nette Leute in allen Hallen, die euch sicher helfen werden. Grundsätzlich kann ich aber schonmal ein paar Tipps geben:

- klettert aus den Beinen heraus
- lasst so gut es geht eure Arme lang
- die Hüfte muss fast immer so nah wie möglich an der Wand sein
- achtet darauf, sauber zu treten
- nähert euch Überhängen Schritt für Schritt an
- das Campus Board ist im ersten Jahr tabu (Griffleistentraining)

Denn so sehr wie man schnell die Muskeln trainiert, brauchen die Sehnen sehr lange um sich an die erhöhten Belastungen zu gewöhnen. Doch eins kann ich euch mit Sicherheit sagen. Wer regelmäßig bouldert, kann länger sehr viel schneller auf dem Bike fahren als sonst. Ich musste noch nie ein Fahrwerk innerhalb einer Saison so derart oft in eine härtere Richtung verstellen wie in diesem Jahr.

Alternativ bleibt natürlich noch das Training auf dem Pumptrack, sofern man Rad und Strecke zur Verfügung hat. Das strengt unglaublich an und gibt zusätzlich Fahrtechnik. Probiert es aus und kommt gut durch den Winter!