Wie kommt man von einem ´10er Canyon Torque FRX auf ein
Intense 951? Ende 2013 verletzte ich mir in den Filthy Trails das Knie und war
für Monate außer Gefecht gesetzt. Mein Bruder wollte zu der Zeit sein Young
Talent Tues LTD aus dem gleichen Jahr verkaufen, da ihm der Downhiller einfach
zu viel war. Sein Canyon Torque FR stellte Ihn vollends zufrieden und das Tues überfordert eher. Er überließ es
mir zu einem sehr guten Kurs worüber ich heute noch sehr dankbar bin. So
standen Sie nun beide im Zimmer, ein fertiges Torque FRX und ein komplett
ausgestattetes Young Talent Tues. Und
ich mit Orthese und zwei Krücken, das gefiel mir gar nicht. Also muss ein neues
Projekt her, aus zwei mach eins und alles Überflüssige wird verkauft. Ich warf
schon länger einen Blick auf das Intense M9, war aber mit ca. 1200€ für den
nackten Rahmen völlig überfordert, es musste also ein Rahmen unter 1000€
sein. Meine beiden Favoriten Rocky Mountain Flatline aus 2012 und das Scott
Gambler aus dem Jahr 2013 waren einfach zu teuer. Wo bekommt man nun einen
potenten Downhillrahmen mit recht moderner Geometrie, der variabel einstellbar
ist und mehr in Richtung "Race" geht? Die Rahmengröße muss ja nun
leider auch passen wenn man gebraucht kauft. Mit 1,80m Körpergröße ist man sehr
oft zwischen M und L und kann sich nach der eigenen Vorliebe entscheiden.
Andererseits sind die Rahmen vor 5 Jahren insgesamt viel kleiner gewesen als
Sie es heute sind.
Und dann sah ich ein rotes Intense 951 in der Größe L im
Bikemarkt. 970€ wollte der Herr R. Kaiser dafür haben. In Foren liest man
gerade zu dem älteren Modell viele negative Dinge: Rahmenbrüche, Probleme mit
den Ausfallenden, Risse und ein schwierig einzustellender Hinterbau. `Ach
quatsch, das passt schon.´ Ohne den Dämpfer (Fox DHX RC4) handelte ich vor Ort
780€ aus und wartete dann knapp einen Monat auf den Rahmen, denn der Verkäufer
musste das Rad noch demontieren. So bastelte ich vor allem aus dem Young Talent
das Intense auf, dabei wurde die Frage nach der Federgabel eine wahre Qual. Fox
40 Kashima oder doch eine BOS Idylle Air RaRe? Ich wusste, dass ich
mittlerweile die grüne (härtere) Feder für die Fox benötigte und die dann auch
am liebsten aus Titan. Kenner wissen dass die blaue Titanfeder sozusagen
hinterher geschmissen wird, alles was härter oder weicher ist wird selbst
gebraucht deutlich teurer. Dieser Gedanke sowie die Lobeshymnen meines Bruders über
seine ehemalige Federgabel brachten mich dazu die BOS zu behalten. Als Dämpfer
kam für mich nur der Cane Creek Double Barrel wegen des großen Einstellbereichs
in Frage.
So langsam konnte ich wieder laufen und irgendwann stand
dann auch ein fertiges Bike vor mir. Die Gabel wurde von der Einstellung her so
belassen wie sie mein Bruder fuhr und der Dämpfer mit dem vom Hersteller
empfohlenen Setup eingestellt. Doch die erste Ausfahrt in Malmedy war etwas
irritierend. Da ich leise Bikes mag, machte mich ein unaufhörliches Knarzen auf
der Strecke fast wahnsinnig. Kurbel, Innenlager, Pedale zerlegt, alles neu
gefettet und wieder montiert. Das Knarzen war immer noch da. Am Ende des Tages
erkannte ich endlich das Problem. Die G3 Ausfallenden, welche jeweils durch
zwei lange Kettenblattschrauben- und dazugehörige Buchsen gehalten werden, waren
in der Lauffläche so trocken dass sie bei den Belastungen dieses unerträgliche
Geräusch verursachten. Ein bisschen Fett schaffte dann auch dort Abhilfe.
An dieser Stelle werde ich jetzt anhand bestimmter
Komponentengruppen beschreiben, wie sich die Teile im Laufe verändert haben, da
sonst keine vernünftige Gliederung möglich wäre.
Fangen wir einmal mit dem Fahrwerk und den grundsätzlichen
Fahreigenschaften des Rades an. Die 500x3.00" Stahlfeder von Cane Creek erwies sich
in kürzester Zeit als zu weich und musste gegen eine 550x3.00" getauscht werden.
Später ging ich sogar auf eine 575er Titanfeder. Die High-Speed Einstellungen
im Dämpfer lasse ich selbst heute nahezu unverändert. Und ich muss ehrlich
zugeben, dass mich die High-Speed Rebound Einstellung eher verwirrt als das sie
mir Erkenntnisse liefert. Dazu habe ich einen Tag lang verschiedenste
Einstellungen ausprobiert und wurde nicht so recht schlau daraus. Den Low-Speed
Rebound hingegen muss ich vor allem immer wieder verstellen, wenn ich die
Position der Ausfallenden verändere, an dieser Stelle muss man sehr aufpassen!
Der Hinterbau ist extrem sensibel und weich zu Beginn und soll mit 35% SAG
gefahren werden. Andererseits ist die Endprogression extrem hoch,
daher muss man recht viel Low-Speed Compression fahren um nicht permanent
wegzusacken. Da eine gute Einstellung zu finden ist eine Gratwanderung. Bei der
Gabel hingegen kam ich sehr gut zurecht und konnte mich schnell an ein gutes
Setup herantasten. Mein Bruder fuhr die Gabel mit einem Luftdruck für ca. 65kg
Fahrer, zum Ende hin fuhr ich Sie trotz recht viel Compression mit einer
Vorspannung, die für ein Fahrergewicht von 100kg gedacht war. Das einzige Manko
waren die 8 Wochen, die ich warten musste als ich die Gabel zum Service gab.
Das führte mich dann zu einem Tausch gegen eine Manitou Dorado Pro, eine Gabel
die ich schon immer haben wollte da ich bereits am alten Bike eine Upside-Down
Gabel fuhr und mir diese sehr zusagte. Außer dem nervigen Entlüften[1]
kann ich kaum Kritik daran verlieren. Mein Vorbesitzer war scheinbar nicht sehr
aufmerksam beim Service gewesen und so musste die Gabel bereits nach wenigen
Wochen ebenfalls zum Service. Das hat mich sehr verärgert, aber man kann
manchmal schlecht abschätzen wie hoch dieses Risiko ist. Doch der gute Jerome
Lehmann vom JL Suspension Service kümmerte sich hervorragend um das feine
Stück. Ansprechverhalten aus dem Stand gehören nicht zu den Stärken der Dorado,
sie stockt gern ein bisschen. Auf dem Track hingegen merkt man davon nichts.
Nach dem Service war jedoch auch dieses Manko behoben, da lief alles
einwandfrei. Die geringe Verdrehsteifigkeit der Gabel im Gegensatz zu einem normalen Teleskop
Modell harmoniert perfekt mit dem Rahmen, denn auch dieser ist alles andere als
steif. Bei einer aktiv und zügig gefahrenen Kurve hat man hin und wieder das Gefühl dass
sich das Hinterrad zum Kurveninneren bewegt. Das war am Anfang sehr seltsam und
beängstigend, mittlerweile habe ich mich aber sehr gut daran gewöhnt.
Bei den Bremsen vertraute ich wie schon am Canyon auf
Magura. Allerdings schien mir die Gustav
M nicht nur wegen dem Gewicht sondern vor allem wegen den eher unüblichen
Bremsscheiben mit den Maßen 210/190mm in die Jahre gekommen. Doch mit der neuen
Gabel taten sich neue Möglichkeiten auf. Mit Postmount 6" Standard an der
BOS bot sich an, den Gustav Sattel mit einem anderen Bremshebel zu kombinieren
um zumindest etwas Gewicht zu sparen. Günstig bekam ich einen kompletten Satz
der 2013er MT8. Vorn fuhr ich somit den Gustav M Sattel in Verbindung mit
Sattelhalter Nr.8 und dem Adapter Nr.3 an einer 203mm Storm SL Scheibe. Und das
hat erstaunlich gut funktioniert! Die Bremse war genauso bissfest wie vorher
aber etwas leichter zu dosieren. Hinten entschied ich mich für die andere MT8
mit einer Scheibe in der gleichen Größe. Mit der Dorado allerdings ließ sich keine vernünftige Lösung finden und so fuhr ich ab dieser Zeit die MT8 auch vorn.
Nun ein kurzes Wort zu den Rädern. Die Felgen der e-thirteen
LG1+ Laufräder waren mittlerweile so lädiert dass ich sie weder verkaufen noch
tubeless fahren konnte. Man hat mit 1,6bar im Reifen zwar einen sehr guten
Grip, doch die Felgen müssen darunter stark leiden wenn man zum Beispiel über
Steine brettert. Nicht wahr, mein lieber Herr Bruder? Doch ich bereue es keine
Sekunde sie behalten zu haben, Stabilität und Langlebigkeit sind hervorragend!
Am Anfang stand der Versuch das Intense trotz des recht schweren Rahmens so
leicht wie möglich aufzubauen. So wurde erstmal die standardmäßige Maxxis
Minion Front / Rear Kombination verbaut bis ich dann auf die Idee kam, vorn und
hinten Faltreifen mit leichten Schläuchen zu fahren (Schwalbe Magic Mary
Trailstar & Continental MTB Light). Über 1kg an ungefederter, rotierender
Masse machen sich bemerkbar. Das Rad wird deutlich schneller und lässt sich
einfacher bewegen, allerdings sind unter 2,2bar nicht möglich gewesen und nach
10 Einsätzen waren die Karkassen der Reifen schrottreif. Danach probierte ich einige Maxxis
Kombinationen aus und bin nun mit dem DHR II vorn und hinten seit dem IXS
Rennen in Willingen unterwegs und sehr zufrieden.
Nachdem ich zwei Kettenführungen zerstörte und permanent mit
der 165mm Kurbel aufsetzte wurde es Zeit für eine etwas langfristigere Lösung. Beim
Antrieb inspirierte mich das 2013er Specialized S-Works Demo sehr und brachte
mich auf die Idee das "Microdrive" Prinzip bei meinen Rad zu
übernehmen. Doch die speziellen Teile von dt swiss waren nicht so leicht zu
bekommen. Vorn fahre ich nun eine 155mm Canfield Kurbel sowie die e thirteen
srs+ mini in Verbindung mit einem 32 Zähne Kettenblatt. Um das kleine
Kettenblatt auszugleichen musste ich hinten mit den Ritzeln kleiner werden als
11 Zähne. Die Lösung war der Capreo Freilauf, eigentlich für Klappräder
gedacht. Gibt´s denn da überhaupt eine Nabe mit den erforderlichen Maßen die
man im Gravity Bereich nutzen kann? Oh ja, Canfield hat da ebenfalls passende
Teile im Angebot. So ließ ich mir ein neues Hinterrad mit der speziellen Nabe
bauen und kann nun zwischen zwei Übersetzungen hinten wählen: 26-11 mit dem e
thirteen Hinterrad oder 26-9 mit dem Capreo Hinterrad. Außer das die Nabe nicht
die Leichteste ist gibt es keinen signifikanten Nachteil. Vorn habe ich mehr
Bodenfreiheit trotz gleicher Übersetzung zu einem 36-38 Zähne Kettenblatt.
Zu den restlichen Teilen muss ich nicht mehr viel verlieren,
möchte aber noch zwei Anmerkungen zu den letzten beiden Veränderungen machen.
Zum einen fahre ich seit dem Urlaub in Portes du Soleil die Shimano PD M-647
Klickpedale und möchte sie nicht mehr missen. Auf einen Schlag kann man sich
ganz anders auf dem Rad bewegen und viel besser balancieren, dazu muss man aber
erstmal akzeptieren dass man nicht derart fest auf dem Pedal steht wie sonst
auf einem normalen Flatpedal. Die letzte Änderung ist eine Uhr an Vorbau und
Lenker mit einer Stoppfunktion. Schon der erste Test hat mich überzeugt, diese
Motivation effektiver und effizienter zu fahren ist bei jedem Lauf vorhanden.
[1] Die
Gabel zieht unten Luft ein, welche sich unter den Verschlusskappen oben sammelt.
Bei zu hohem Druck läuft dann das Öl unten heraus, daher muss man die Kappen
abschrauben und den Druck entweichen lassen.