Sonntag, 18. Oktober 2015

#2 IXS German Downhill Cup Willingen - meine Eindrücke

So startete für mich also das erste IXS Rennen in der Lizenzklasse in Willingen vom 12. bis zum 14. Juni. Warum die Lizenzklasse? Hält der Typ sich für was Besseres? Nein, ganz bestimmt nicht. Ich wollte sehen WIE SCHLECHT ich wirklich bin im Gegensatz zu "nationalen Profis", hatte die Möglichkeit Eine über den Verein zu machen und behielt außerdem noch das Extra-Training am Sonntag vor dem Rennen in Erinnerung welches nur der Elite Klasse vorbehalten ist. Hauptsache nicht Letzter werden und ins Ziel kommen! Aufgrund des geringen Budgets kam leider nur dieses eine Rennen für mich in Frage, außerdem fand ich die Streckenführung vom letzten Jahr sehr interessant (weil letztlich für alle fair). Auf den Zeltplatz hatte ich absolut keine Lust da mich fehlender Schlafkomfort wortwörtlich "rädert" und so buchte ich mit einem Kumpel ein Doppelzimmer in einer Pension, zwei Nächte für 80€ pro Person waren okay für eine Buchung zwei Wochen davor.

Schon am Donnerstagabend reiste ich mit dem Zug an, glücklicherweise ohne Bike und "nur" mit Gepäck. So konnte ich noch am gleichen Tag beim Magura Stand meine nagelneue MT8 in Empfang nehmen und direkt montieren. Mein ´13er Modell verlor leider Öl aus dem Ausgleichsbehälter. Ein paar Bekannte aus dem Eichsfeld nahmen den Rest aus meinem Heimatort mit und wir verabredeten uns dort. So konnte ich den Trackwalk bereits an dem Abend vornehmen, flowig die Freeride runterrollen und eine Nacht darüber schlafen bzw. ruhen, denn der Komfort quer in der Kabine eines Sprinters ist selbst mit 1,80m eher mäßig.

Freitag war der offizielle Trackwalk, trotz der Kenntnis des Streckenverlaufs nahm ich daran teil um den anderen Fahrern bei Diskussionen zu lauschen und selbst noch einmal etwas zu grübeln welche Linie auch im Rennlauf noch vorhanden sein könnte. Denn der Streckenzustand verändert sich mit der Zeit, da so viele Fahrer dort permanent fahren, Niederschlag kann das zusätzlich beeinflussen. Der Wetterbericht meldete Regen,  doch es blieb das ganze Wochenende trocken. Mein Ziel war es Freitag und Samstag vor allem Kräfte zu sparen und im Training nur sektionsweise "Gas" zu geben. Am Abend des Freitags sagte mir mein Kumpel kurzfristig ab und ich wusste dass ich das gesamte Renngeschehen allein angehen muss.

Am Samstag fuhr ich perfekt ausgeschlafen meine Trainingsrunden bis leider auch meine hintere Bremse anfing Öl zu verlieren. Magura ließ sich nicht lumpen und wechselte auch diese anstandslos gegen eine nagelneues Modell aus. Nach einem kleinen Schläfchen ging ich für den Seeding Run an den Start und schloss ihn locker durchgerollt mit 2:37min ab. Das reichte immerhin für Platz 85. Rick Balbierer schaffte es in 2:04min und wurde damit Erster im Setzungslauf. Eine halbe Minute auf gerade mal ca. 1,5km Abfahrt? Das muss man erstmal verdauen. In Tabarz nahm mir Sandra Rübesam über eine Minute im Rennlauf ab, sowas erdet ungemein. Doch was viel erschreckender war: Die Setzungsläufe für die Lizenzklasse verzögerten sich um ca. 90min aufgrund vieler schwerer Stürze in der "Open Men" Klasse. Nachdem drei Rettungshubschrauber zeitgleich auf der Wiese nahe des Ziels standen wurde den Veranstaltern so langsam klar dass es nicht besonders schlau war den Zielsprung so derart unfachmännisch hinzuklatschen: Viel zu steil im Absprung und nicht besonders lang, eine sehr schlechte Kombination in der schnellsten Streckensektion. Dann fährt man völlig erschöpft die letzten Meter, möchte einen fetten Whip am Zielsprung für die Fotografen raushauen und bemerkt etwas zu spät den extrem gefährlichen Seitenwind. So in etwa muss es mehrfach passiert sein. Selbst Jasper Jauch bohrte sich im Jahr 2013 wenige Meter vor dem Ziel in den Boden als ihn der Wind überraschte (http://tv.bike-magazin.de/video/Jasper-Jauch-Crash-Wheels-of-Speed/f03f891ac839235b55df41d38660b80e).

Am Renntag wurde ich bereits morgens nervös. Die Stürze am Vortag, überforderte Organisation, diverse kleine Probleme am Rad, alles das ließ mich schlecht schlafen. Doch das herrliche Frühstück bei den Engelbrachts brachte mich auf andere Gedanken. Einfach konzentriert bleiben und sauber runterkommen. In den Trainingsläufen zeichnete sich ab dass der Boden immer loser wurde und weniger Grip bot, außerdem war die Strecke an einigen Stellen ziemlich stark ausgefahren. Steigende Nervosität und leichte Kopfschmerzen machten sich breit. Ich vertrieb mir die Zeit damit den Drehmomentschlüssel auf alle möglichen Schrauben loszulassen, die Kette anständig zu fetten und das Bike ein wenig zu säubern.

13Uhr war es dann so weit: Mein Rennlauf stand an, die Uhr läuft runter, der Fahrer vor mir startet: nicht mal mehr 30 Sekunden, dann geht es los! Selbst jetzt beim Schreiben steigt mein Puls, dieses Gefühl ist einfach unbeschreiblich. Es piept einmal, die Uhr zeigt "10". Diese letzten 5 Sekunden dauern ewig. und LOS! Im oberen Teil geht es darum Geschwindigkeit aufzubauen. Ich kam gut durch, ließ die zwei großen Sprünge zur Sicherheit aus und kam mit einem guten Gefühl in das Waldstück. Die erste Kurve im Schräghang traf ich perfekt, weiter ging es mit der etwas technischeren Passage um das "alte Steinfeld" herum. In Gedanken war ich schon am Adidas Drop, fuhr mit gutem Tempo in die letzte Rechtskurve im Waldstück und da war es passiert. Aus der Rille in dem Hang wurde mit der Zeit ein recht ansehnliches Loch, ich blieb mit dem Vorderrad stecken und ging über den Lenker. Einer der Zuschauer rief laut: "LOS, geh wieder auf dein Bike! Weiter, weiter, weiter!" Irgendwas war komisch und tat weh, doch das Adrenalin überdeckte den Schmerz. Zurück aufs Bike! Bis zu den großen Wiesenkurven fuhr ich völlig außer Kontrolle und pedalierte im letzten Stück wie ein Verrückter. Der Zielsprung wurde mittlerweile aus der Wertung heraus genommen. Ich drückte mich darüber, rollte ins Ziel ein und schaute auf die Zeit: 2:40min! 'Meine Güte, du Idiot!' Hätte, hätte, Fahrradkette. Eine gute halbe Stunde später befand ich mich im Krankenhaus in Korbach mit verstaubten Bike-Sachen, der Lizenzkarte und meinem Handy. Nach Behandlung und Diagnose begann dann die Odyssee nach Willingen, nach 7km zu Fuß erreichte ich glücklicherweise mit einer einstelligen Prozentzahl des Akkus meinen Freund der mich dann abholte. Das war Glück im Unglück!

Das Fazit war der Platz 84, eine zweifache knöcherne Absprengung im rechten Zeigefinger, ein intaktes Bike mit völlig neuer Bremsanlage und viele neue Erfahrungen! Vielen lieben Dank an dieser Stelle an die Firma Magura und deren tolles Mechaniker-Team, an meinen Bruder für beruhigende Worte und den Dieter für mein Taxi inklusive allem Gepäck und Bike in Richtung Aachen. Next year, another try.

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