So startete für mich also das erste IXS Rennen in der
Lizenzklasse in Willingen vom 12. bis zum 14. Juni. Warum die Lizenzklasse? Hält der Typ sich für was
Besseres? Nein, ganz bestimmt nicht. Ich wollte sehen WIE SCHLECHT ich wirklich
bin im Gegensatz zu "nationalen Profis", hatte die Möglichkeit Eine
über den Verein zu machen und behielt außerdem noch das Extra-Training am Sonntag
vor dem Rennen in Erinnerung welches nur der Elite Klasse vorbehalten ist. Hauptsache
nicht Letzter werden und ins Ziel kommen! Aufgrund des geringen Budgets kam
leider nur dieses eine Rennen für mich in Frage, außerdem fand ich die
Streckenführung vom letzten Jahr sehr interessant (weil letztlich für alle
fair). Auf den Zeltplatz hatte ich absolut keine Lust da mich fehlender Schlafkomfort
wortwörtlich "rädert" und so buchte ich mit einem Kumpel ein
Doppelzimmer in einer Pension, zwei Nächte für 80€ pro Person waren okay für
eine Buchung zwei Wochen davor.
Schon am Donnerstagabend reiste ich mit dem Zug an,
glücklicherweise ohne Bike und "nur" mit Gepäck. So konnte ich noch
am gleichen Tag beim Magura Stand meine nagelneue MT8 in Empfang nehmen und direkt
montieren. Mein ´13er Modell verlor leider Öl aus dem Ausgleichsbehälter. Ein
paar Bekannte aus dem Eichsfeld nahmen den Rest aus meinem Heimatort mit und wir
verabredeten uns dort. So konnte ich den Trackwalk bereits an dem Abend
vornehmen, flowig die Freeride runterrollen und eine Nacht darüber schlafen
bzw. ruhen, denn der Komfort quer in der Kabine eines Sprinters ist selbst mit
1,80m eher mäßig.
Freitag war der offizielle Trackwalk, trotz der Kenntnis des
Streckenverlaufs nahm ich daran teil um den anderen Fahrern bei Diskussionen zu
lauschen und selbst noch einmal etwas zu grübeln welche Linie auch im Rennlauf
noch vorhanden sein könnte. Denn der Streckenzustand verändert sich mit der
Zeit, da so viele Fahrer dort permanent fahren, Niederschlag kann das
zusätzlich beeinflussen. Der Wetterbericht meldete Regen, doch es blieb das ganze Wochenende trocken. Mein
Ziel war es Freitag und Samstag vor allem Kräfte zu sparen und im Training nur
sektionsweise "Gas" zu geben. Am Abend des Freitags sagte mir mein
Kumpel kurzfristig ab und ich wusste dass ich das gesamte Renngeschehen allein
angehen muss.
Am Samstag fuhr ich perfekt ausgeschlafen meine
Trainingsrunden bis leider auch meine hintere Bremse anfing Öl zu verlieren.
Magura ließ sich nicht lumpen und wechselte auch diese anstandslos gegen eine
nagelneues Modell aus. Nach einem kleinen Schläfchen ging ich für den Seeding
Run an den Start und schloss ihn locker durchgerollt mit 2:37min ab. Das
reichte immerhin für Platz 85. Rick Balbierer schaffte es in 2:04min und wurde
damit Erster im Setzungslauf. Eine halbe Minute auf gerade mal ca. 1,5km
Abfahrt? Das muss man erstmal verdauen. In Tabarz nahm mir Sandra Rübesam über
eine Minute im Rennlauf ab, sowas erdet ungemein. Doch was viel erschreckender
war: Die Setzungsläufe für die Lizenzklasse verzögerten sich um ca. 90min
aufgrund vieler schwerer Stürze in der "Open Men" Klasse. Nachdem
drei Rettungshubschrauber zeitgleich auf der Wiese nahe des Ziels standen wurde
den Veranstaltern so langsam klar dass es nicht besonders schlau war den
Zielsprung so derart unfachmännisch hinzuklatschen: Viel zu steil im Absprung
und nicht besonders lang, eine sehr schlechte Kombination in der schnellsten
Streckensektion. Dann fährt man völlig erschöpft die letzten Meter, möchte
einen fetten Whip am Zielsprung für die Fotografen raushauen und bemerkt etwas
zu spät den extrem gefährlichen Seitenwind. So in etwa muss es mehrfach
passiert sein. Selbst Jasper Jauch bohrte sich im Jahr 2013 wenige Meter vor
dem Ziel in den Boden als ihn der Wind überraschte (http://tv.bike-magazin.de/video/Jasper-Jauch-Crash-Wheels-of-Speed/f03f891ac839235b55df41d38660b80e).
Am Renntag wurde ich bereits morgens nervös. Die Stürze am
Vortag, überforderte Organisation, diverse kleine Probleme am Rad, alles das
ließ mich schlecht schlafen. Doch das herrliche Frühstück bei den Engelbrachts
brachte mich auf andere Gedanken. Einfach konzentriert bleiben und sauber
runterkommen. In den Trainingsläufen zeichnete sich ab dass der Boden immer
loser wurde und weniger Grip bot, außerdem war die Strecke an einigen Stellen
ziemlich stark ausgefahren. Steigende Nervosität und leichte Kopfschmerzen
machten sich breit. Ich vertrieb mir die Zeit damit den Drehmomentschlüssel auf
alle möglichen Schrauben loszulassen, die Kette anständig zu fetten und das
Bike ein wenig zu säubern.
13Uhr war es dann so weit: Mein Rennlauf stand an, die Uhr
läuft runter, der Fahrer vor mir startet: nicht mal mehr 30 Sekunden, dann geht
es los! Selbst jetzt beim Schreiben steigt mein Puls, dieses Gefühl ist einfach
unbeschreiblich. Es piept einmal, die Uhr zeigt "10". Diese letzten 5
Sekunden dauern ewig. und LOS! Im oberen Teil geht es darum Geschwindigkeit
aufzubauen. Ich kam gut durch, ließ die zwei großen Sprünge zur Sicherheit aus
und kam mit einem guten Gefühl in das Waldstück. Die erste Kurve im Schräghang
traf ich perfekt, weiter ging es mit der etwas technischeren Passage um das
"alte Steinfeld" herum. In Gedanken war ich schon am Adidas Drop,
fuhr mit gutem Tempo in die letzte Rechtskurve im Waldstück und da war es
passiert. Aus der Rille in dem Hang wurde mit der Zeit ein recht ansehnliches
Loch, ich blieb mit dem Vorderrad stecken und ging über den Lenker. Einer der
Zuschauer rief laut: "LOS, geh wieder auf dein Bike! Weiter, weiter,
weiter!" Irgendwas war komisch und tat weh, doch das Adrenalin überdeckte
den Schmerz. Zurück aufs Bike! Bis zu den großen Wiesenkurven fuhr ich völlig
außer Kontrolle und pedalierte im letzten Stück wie ein Verrückter. Der
Zielsprung wurde mittlerweile aus der Wertung heraus genommen. Ich drückte mich
darüber, rollte ins Ziel ein und schaute auf die Zeit: 2:40min! 'Meine Güte, du
Idiot!' Hätte, hätte, Fahrradkette. Eine gute halbe Stunde später befand ich
mich im Krankenhaus in Korbach mit verstaubten Bike-Sachen, der Lizenzkarte und
meinem Handy. Nach Behandlung und Diagnose begann dann die Odyssee nach
Willingen, nach 7km zu Fuß erreichte ich glücklicherweise mit einer
einstelligen Prozentzahl des Akkus meinen Freund der mich dann abholte. Das war
Glück im Unglück!
Das Fazit war der Platz 84, eine zweifache knöcherne
Absprengung im rechten Zeigefinger, ein intaktes Bike mit völlig neuer
Bremsanlage und viele neue Erfahrungen! Vielen lieben Dank an dieser Stelle an
die Firma Magura und deren tolles Mechaniker-Team, an meinen Bruder für
beruhigende Worte und den Dieter für mein Taxi inklusive allem Gepäck und Bike
in Richtung Aachen. Next year, another try.
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