Freitag, 24. Februar 2017

Scott Gambler WC 2014 – Mein Fazit


Was soll kommen nach einem Rad, von dem ich absolut überzeugt war und das für mich und meine Fahrweise super funktioniert hat? Leider war mir das Intense 951 ein Stück zu klein und ein gebrauchtes Evo Modell (die 650b Variante des 951) in der Größe L zu bekommen ist nach wie vor sehr schwer. In einem Jahr habe ich einen Rahmen gesehen der zum Verkauf stand und mein Budget bei weitem überstieg.

Also schoss ich mir ein Gambler in der Größe L aus dem Jahr 2014 zu einem wirklich guten Preis, vor allem mit dem passenden Dämpfer sowie einer Titanfeder. Das war gleichzeitig auch einer guter Anreiz dafür, ein paar Kilo (oder auch ein paar mehr) zu verlieren um keine neue Feder kaufen zu müssen.  Der Rahmen war in einem super Zustand, der Aufbau zog sich hauptsächlich wegen des Pressfit Standards etwas hin. Doch vor allem möchte ich hier viel über Geometrie und Fahreigenschaften loswerden, da ich dieses Jahr umfangreiche Tests mit dem Rad machen konnte. Um es schon einmal direkt zu sagen: Ich habe den Rahmen bereits gewechselt, denn er liegt mir nur unter gewissen Umständen und verhält sich beim Fahren in einigen Situationen weder „logisch“ noch „planbar“.

Ich bin das Rad mit den 0° Schalen gefahren und mittlerweile davon überzeugt, dass +1° für mich besser wäre. Denn 62,7° bzw. 62° sind mir schon ein Stückchen zu flach im Mittelgebirge. Weiterhin habe ich vor den ersten Fahrten andere Fahrberichte gesehen und las, dass die Kombination der vier Einstellmöglichkeiten nur in zwei Varianten sehr gut funktioniert. Die Dämpferposition ist zweifach einstellbar und verändert Reach, Tretlagerhöhe und Lenkwinkel. Also einmal: 436mm, tiefes Tretlager und 62° oder 442mm, hohes Tretlager und 62,7°. An der Kettenstrebe gibt es eine kurze und eine lange Einstellung. Die meisten Empfehlungen gingen zu den Einstellungen, hoch/lang und tief/kurz. Die für mich beste Kombination war jedoch hoch/kurz. Also langer Reach, steilerer Lenkwinkel und kurze Kettenstrebe. Warum? Nun, ich mag große Rahmen und fand das Bike in der tiefen Einstellung zu kurz und vorn zu flach. Das fuhr sich für mich sehr unausgewogen, hingegen war mir die lange Einstellung hinten zu träge und das Rad war nicht mehr spritzig genug. Trotzdem: Das Rad könnte vom Reach her noch gerne 1-2cm zulegen, damit es mir mit 1,80m passt. Aber das ist reine Geschmackssache.

Nun zu den Fahreigenschaften. Wenn Claudio Calouri damit die Worldcup Pisten runter brettert und das ganze auch noch überlebt und einige Jungs darauf schnell unterwegs sind und/oder sehr stylisch, dann kann an dem Rad doch nix verkehrt sein, oder? Da ist ein langer Dämpfer in Verbindung mit der schicken Umlenkung mal eine ganz neue Erfahrung für mich. Außerdem fuhr ich das Rad bereits zum Bikefestival in Willingen und war durchaus zufrieden damit.

Tatsächlich offenbarten sich konstruktionsbedingte Schwächen des Hinterbaus in dem einem Jahr für mich mehr und mehr. Viele können anscheinend damit leben, aber leider kann ich das nicht. Der hohe Drehpunkt in Verbindung mit einem herkömmlichen Kettenantrieb ist tückisch, denn die Kette wird deutlich stärker gespannt als bei anderen Hinterbauten. Wenn man Geräusche gut abkann, fährt man einfach mit einer etwas längeren Kette und lässt sie auf die Strebe schlagen. Mit einer exakt gekürzten Kette beginnt Diese jedoch, den Dämpfer erheblich zu beeinflussen und das macht das Rad dann unberechenbar. Also entweder hat man ein lautes Rad oder eins, das nicht richtig funktioniert. Ich probierte diverse Längen aus und baute schlussendlich auf singlespeed um, weil das Schaltwerk innerhalb kürzester Zeit total weich war. Kein Kompromiss schien zu funktionieren. Doch gerade in der Zeit, wo ich das Rad im Bikepark Hürtgenwald aufgrund der Antriebsprobleme ohne Kette fuhr, war alles in bester Ordnung und der Hinterbau arbeitete perfekt. Beim Bremsen hatte man nach wie vor einen blockierenden Dämpfer, aber die Reibung durch die Kette war weg und jeder Absprung fühlte sich kontrolliert und sicher an. Das Rad wirkte befreit und offenbarte extrem hohe Kurvengeschwindigkeiten sowie sehr gutes Feeling bei schnellen Sektionen. Ich fuhr den Dämpfer mit einem Sag von ca. 33% und sehr viel LSC, es empfahl sich nicht, besonders viel HSC hinzuzufügen oder den Druck im Ausgleichsbehälter zu erhöhen, da der Hinterbau dann sehr schnell bockig wurde.

Dennoch überzeugt mich das Konzept dieses Rades nicht, denn durch den hohen Drehpunkt werden zu viele Kompromisse eingegangen, die nicht im Verhältnis zu den Vorteilen stehen. Desweiteren sieht man im Worldcup oder bei einigen gesponserten Fahrern kürzere Dämpfer mit anderer Umlenkung. Mir ist ein ausgewogenes Rad, welches sich immer gleich verhält und somit viel Sicherheit gibt viel wichtiger und lieber. Aber mein Fahrstil ist auch nicht so agressiv und meine Linie die des kleinsten Widerstands. Vielleicht passten das Gambler und ich einfach nicht so gut zusammen.


Der nächste Rahmen liegt schon zu Hause und befindet sich bald im Aufbau. Es ist wieder ein Intense und sehr nah mit dem 951 verwandt. Sobald es aufgebaut ist, werde ich es vorstellen und am Ende des Jahres 2017 mein persönliches Fazit ziehen. Meine Hoffnung allerdings liegt darin, diesen Rahmen für ein paar Jahre zu fahren. So jedenfalls die Theorie… 

Samstag, 19. November 2016

Training in der Off-Season


Die Tage werden kürzer, die Bikeparks schließen und wer kein Enduro hat, ist mit einem Downhiller allein ziemlich aufgeschmissen. Was kann man also sinnvolles tun, um nächstes Jahr etwas schneller sein zu können? Mittlerweile habe ich eine recht ausführliche Antwort darauf, die nicht zwangsläufig jedem zusagen muss, aber eventuell einige davon überzeugt, meine Ideen auszuprobieren.
Ende 2015 wog ich nach dem Weihnachts-Fresskoma knapp über 90kg. Das Problem bei 1,80m ist nicht nur das Gewicht allein gewesen, sondern vor allem auch Verhältnis von Fett zu Muskeln. Im Jahr 2016 besuchte ich zusammen mit einem Freund einen alten Schulfreund in München. Er schlug vor, nachdem wir bereits Freitag das eine oder andere Bier verzehrten am Tag darauf bouldern zu gehen. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen und war außer auf den Birnenbaum im Garten meiner Großeltern noch nie wirklich geklettert.
Doch nach wenigen Minuten an der Wand war ich direkt beeindruckt und völlig begeistert von dieser Sportart. Mein Fitness-Level zu diesem Zeitpunkt war miserabel, doch das tat dem Spaß keinen Abbruch. Als ich mich wieder in Aachen befand, ging ich recht schnell in die Moove Boulderhalle in Aachen, leihte mir dort die Schuhe aus und verbrachte Stunden dort. Dann kam die Zeit, auch einmal die andere Halle in Aachen auszuprobieren und da war es geschehen: Hier fühlte mich direkt super wohl, gute Musik, nette Leute und jede Woche neue Routen. Das ist die Campus Boulderhalle in Aachen. Doch Halt! Was ist denn jetzt eigentlich bouldern? Das ist eine Form des Sportkletterns ohne Sicherung in Absprunghöhe. Wie jetzt? Kein Seil? Und wenn man fällt? Dann sind da natürlich Matten. Wenige Wochen später kaufte ich mir eigene Schuhe und schloss ein Abo in dieser Halle ab, 40€ monatlich halte ich nach wie vor für ziemlich fair. Doch was hat das jetzt mit Downhill zu tun? Grundsätzlich nichts, aber was es für den Downhillsport bringt ist sehr interessant.
Wenn man so wie ich dieses Jahr ab ca. März zwei bis drei Mal in der Woche für 2-3h bouldert, eröffnen sich auf dem Rad völlig neue Möglichkeiten. Wie ich bereits erwähnte, hatte ich bis Dato immer das Problem irgendwann zu schwach zu sein und deshalb nicht schneller fahren zu können. Mit dem Beginn des Bouldersports sollte sich das jedoch stark verändern. Wie soll das gehen? Durch ein bisschen Kletterei kann man also schneller auf dem Rad werden?
In den Winter- und Frühlingsmonaten machte ich fast jeden Tag Sport, zusätzlich zur Kletterei joggte ich oder betrieb Zirkeltraining. Langsam begannen die Kilos zu purzeln und ich erreichte zwischenzeitlich 81kg. Momentan sind es 83kg, aber vor allem hat sich nicht nur Fett verabschiedet sondern auch einiges an Muskelmasse gebildet. Nicht wirklich sichtbar, aber auf dem Rad spürbar. Und als ich meine Gabel dann mit erhöhtem Luftdruck fahren musste, die Druckstufe komplett zudrehen konnte und sie sich immer noch zu weich anfühlte wusste ich, dass sich einiges verändert hat. Es war Kraft vorhanden. Kraft, um das Bike in Kurven zu halten, auch wenn man sie schneidet oder mit voller Wucht durchzieht. Aber das war nicht alles.
Beim bouldern trainiert man nicht nur große Muskelgruppen, sondern auch die Kleinen. Das große Hindernis am Anfang ist vor allem das eigene Körpergewicht, zusätzlich zur fehlenden Technik. Aber vor allem lernt man seinen Körper kennen, muss balancieren können und auch einfach mal den Willen haben, eine Route zu schaffen. Und genau da liegt die Stärke des Sports. Spielerisches Training mit kleinen Zielen und Erfolgen. Denn ein kleiner Erfolg kann schon ein einziger Zug sein. Frei nach dem Motto: easy to learn, hard to master. Aber wenn man weiter kommen möchte, muss man nach dem Kletterei noch kleine Workouts einschieben. Und dann geht es weiter, man möchte engere Schuhe, klettert stärker im Überhang, kann auf einmal kleinere Griffe halten und tritt auf Flächen, die halb so groß wie ein Kronkorken sind. Und ohne es zu bemerken definiert man sämtliche Muskelgruppen am Körper, erhält Körperspannung und schafft immer größere Herausforderungen.
Dieser Sport ist einfach die ideale Ergänzung für einen ambitionierten Bikeparkbesucher oder jemanden, der ernsthaft Rennen fahren möchte und keine Lust hat, sich durch langweilige Übungen im Fitnessstudio zu beißen. Probiert es aus! Natürlich macht man ganz am Anfang quasi alles falsch, aber es gibt viele nette Leute in allen Hallen, die euch sicher helfen werden. Grundsätzlich kann ich aber schonmal ein paar Tipps geben:

- klettert aus den Beinen heraus
- lasst so gut es geht eure Arme lang
- die Hüfte muss fast immer so nah wie möglich an der Wand sein
- achtet darauf, sauber zu treten
- nähert euch Überhängen Schritt für Schritt an
- das Campus Board ist im ersten Jahr tabu (Griffleistentraining)

Denn so sehr wie man schnell die Muskeln trainiert, brauchen die Sehnen sehr lange um sich an die erhöhten Belastungen zu gewöhnen. Doch eins kann ich euch mit Sicherheit sagen. Wer regelmäßig bouldert, kann länger sehr viel schneller auf dem Bike fahren als sonst. Ich musste noch nie ein Fahrwerk innerhalb einer Saison so derart oft in eine härtere Richtung verstellen wie in diesem Jahr.

Alternativ bleibt natürlich noch das Training auf dem Pumptrack, sofern man Rad und Strecke zur Verfügung hat. Das strengt unglaublich an und gibt zusätzlich Fahrtechnik. Probiert es aus und kommt gut durch den Winter!

Montag, 27. Juni 2016

Fahrwerkseinstellungen – Ganz einfach oder?

 „Ich habe das perfekte Setup für mein Rad gefunden, das geht überall!“
„Du musst den Rebound viel schneller fahren, dann wirst du deutlich schneller sein!“
„Ach mir ist das egal, ich habe das einmal das Grundsetup eingestellt und so gelassen.“
„Ich habe mir mal ein Worldcup Setup eingestellt…ist wirklich gut so, echt jetzt.“


Wer hat hier Recht? Jeder? Oder keiner? Die Antwort liegt irgendwo dazwischen. Eins kann ich jedoch mit Sicherheit sagen, auch wenn es ernüchternd klingt: Es gibt kein perfektes Setup für eine ganze Strecke, sondern höchstens für eine bestimmte Fahrsituation oder eine bestimmte Stelle. Der Rest ist ein Kompromiss, und zwar immer. Es gilt, sich diesem Schritt für Schritt anzunähern. An einem Downhillrad setzt sich der Grip aus dem Reifen, dem Fahrwerk und dem Fahrer zusammen. Ich möchte nochmal betonen, dass ich bis jetzt keinen Sinn gesehen habe, deutlich unter 1,8bar oder über 2,2 bar zu fahren (ganz normaler Downhill-Drahtreifen mit 130-200g Schläuchen, Abweichung bei Tubeless/Pro-Core selbstverständlich vorhanden). Wenn man als Fahrer halbwegs versiert ist und weiß wie man sich auf dem Rad bewegen muss/kann und seine ergonomisch günstigste Position gefunden hat, dann bleiben irgendwann fast nur noch die Fahrwerkseinstellungen übrig.

Der erste wirklich wichtige Punkt, um langsam erspüren zu können was das Rad unter einem da nun so macht ist folgender: Die Unterscheidung zwischen Federung und Dämpfung. Und das jederzeit. Doch nun kann man wirklich einfach mal dem Hersteller vertrauen. Sätze wie „ich fahr viel lieber etwas straffer“ habe ich schon öfter gehört, allerdings bedeutet das für die meisten dass man einfach eine deutlich härtere Feder einbaut. Natürlich ist es härter und straffer, aber man nutzt vor allem nicht mehr den gesamten Federweg. Und wozu hat man jetzt meist mehr als 200mm am Heck und eigentlich immer so viel an der Front? Es gab da bei mtb-news einen höchst interessanten Test eines YT Tues 2.0 in Whistler mit einem Fahrer, der definitiv lieber fährt als schraubt und seine Fahrwerksphilosophie dogmatisch an jedem Rad in gleicher Art durchzusetzen versucht, ungeachtet deren Sinnlosigkeit. Das Ergebnis daraus war eine hitzige Diskussion, bei dem viele Fahrer ebenfalls zeigten, wie wenig sie sich an die Herstellerangaben gehalten haben und dennoch höchst unzufrieden mit dem Fahrwerk waren, vor allem der Dämpfer war bei den meisten `Schuld´. Sogar die Köpfe von YT selbst schritten bei der Diskussion ein und mussten dabei viele Punkte klarstellen. Ist das denn jetzt wirklich alles so kompliziert?  Der Schlüssel zu einem aktiven Fahrwerk, welches den ganzen Federweg nutzt liegt in der Dämpfung. Mein Tipp: Stellt euch ganz penibel den SAG (=Negativfederweg) an der Gabel und am Dämpfer ein und seid vor allem so schwer wie ihr es auf der Strecke seid, sprich mit allen Protektoren, Helm und ggf. einem Rucksack. Macht mehrere Messungen, seid sehr genau dabei und notiert euch die Werte. Überprüft den Wert mit der Herstellerangabe und passt die Federhärte dementsprechend an (bei leichter Abweichung Vorspannung der Feder, bei größerer Federwechsel bzw. Anpassung des Luftdrucks).

Wenn man nun in der Dämpfung Eindrücke `erfahren´ möchte, muss man ausprobieren und testen. Doch das funktioniert nicht, indem man wild alle Knöpfe dreht und darauf hofft dass es irgendwann einmal passen könnte. Geht vom Grundsetup des Herstellers aus und fahrt ein paar Mal damit. Notiert euch wenn nötig in Form von Adjektiven die Fahreindrücke. Und dann kann man anfangen, einen Wert zu verändern, alle anderen hingegen gleich zu lassen. Und was verändert so eine Low Speed Compression jetzt? Nehmt euch eine bekannte und recht einfache Strecke, dreht das Einstellrädchen mal komplett zu und fahrt damit, danach komplett offen. Unterschied bemerkt?

Trotzdem geht’s nach richtigem Sag erstmal beim Rebound weiter. Zu Beginn sollte man versuchen, Front und Heck harmonisch abzustimmen. Eine schnell ausfedernde Gabel lässt das Rad zwar gut am Boden kleben und man steht insgesamt nicht zu sehr im Federweg, doch wenn sie zu schnell ist fängt die Front an unruhig zu werden und das Vorderrad beginnt zu tänzeln. Bei einer sehr langsamen Einstellung hingegen hat man trotz viel Grip das Gefühl, permanent Geschwindigkeit zu verlieren und immer tiefer in den Federweg zu fahren. Am Dämpfer merkt man den Rebound meistens beim Absprung. In einer sehr langsamen Einstellung fühlt sich das Rad sehr träge an und man ist immer sehr hecklastig in der Luft. Ist der Rebound hingegen offen oder nah daran, wird der Hinterbau zum Katapult und man hat alle Mühe nicht `nosie´ zu landen oder gar über den Lenker zu gehen. Dazu ein paar Beispiele. Viele kennen die Fest Series rund um Nico Vink, Andreu Lacondeguy, Kurt Sorge und so weiter. Habt ihr euch mal genau angeschaut, wie die Jungs über die mehr als 20m großen Doubles fliegen? Die Sache ist so eindrucksvoll dass man kaum anfangen möchte groß zu analysieren. Was man jedoch dabei sieht ist folgendes: Die Fahrer kommen mit einem riesigen Tempo auf die Sprünge zu und positionieren in der ersten Hälfte der Flugkurve das Rad für die Landung. Dies machen sie sehr auf das Hinterrad verlagert. Am Anfang sind nicht beide Räder in der Horizontale, sondern das hintere Rad hängt stark herunter. Erst zum Schluss wird das Rad nach vorn gedrückt und die Landung auf beiden Rädern gleichzeitig realisiert. Das geht nur mit einem recht langsamen Rebound im Heck. Bei einer zu schnellen Einstellung würden die Fahrer viel früher in den Bereich kommen, dass das Vorderrad tiefer steht als Hinterrad und man `nosie´ in der Luft kommt. Diesen Zustand kann man im Gegensatz zu dem anderen kaum noch abändern. In diesem Fall ist die langsamere Einstellung viel sicherer und findet deshalb dort Anwendung. So waghalsig das sein mag, ohne Sinn und Verstand gehen die Jungs nicht ans Werk.

Kurze Erklärung dazu, weil es auch dort immer Missverständnisse gibt und viele Leute, die es sich nicht richtig merken können: Zugstufe (=Rebound) offen bedeutet, dass die Einfedergeschwindigkeit der Ausfedergeschwindigkeit entspricht, es findet keine Dämpfung statt. Das ist also die schnellstmögliche Einstellung. Ist die Zugstufe geschlossen, also maximale Dämpfung, federt der Dämpfer am langsamsten aus. Das passiert, wenn man in die „+“-Richtung dreht.

Ein weiteres Beispiel kommt aus dem World Cup Downhill.  Quelle dieser Infos ist der Bericht auf mtb-news.de über die Bikes der Worldcup Fahrer und der Test auf der Strecke in Leogang. Nach den ersten Trainings kommen die meisten Fahrer direkt zu ihren Mechanikern der jeweiligen Fahrwerkshersteller und tragen ihre Änderungswünsche vor. Nicht jeder kann sehr detailliert schildern, was genau er sich wünscht. Doch die meisten Mechaniker kennen ihre Pappenheimer und wissen die Informationen richtig zu interpretieren. Nun aber zu dem eigentlichen Beispiel. Die recht schnelle `Bikepark`-Strecke erfordert in zahlreichen Wurzel- und Highspeed Passagen eine sehr schnelle Zugstufe, doch einige sehr große Sprünge mit recht steilen Absprüngen veranlasste die Fahrer dazu, die Zugstufe erheblich langsamer zu fahren um dort sicher springen zu können. Die schlechtere Federwegsrückgewinnung und das damit verbundene geringere Tempo in vielen anderen Streckenteilen wurde bewusst in Kauf genommen! Sicherlich hat jeder Fahrer dort für sich seine Vorlieben, doch diese Tendenz war bei allen Fahrern deutlich zu erkennen. `So schnell wie möglich, so langsam wie nötig´ findet in beiden Beispielen Anwendung und kann durchaus als Grundregel für die Einstellung der Zugstufe angenommen werden.

Wenn ihr eine sichere Einstellung gefunden habt, könnt ihr euch der Druckstufe annehmen. Die meisten Gabeln und Dämpfer haben nochmal eine Unterteilung in Low- und Highspeed Druckstufe. Was genau das in der Praxis bedeutet versuche ich mit vielen Adjektiven zu untermauern. Zu beiden Druckstufeneinstellungen ist zu sagen, dass man diese immer im Verhältnis einstellen sollte. Damit meine ich, dass es kein Sinn macht, beide Hebel immer gleich viel zu verstellen, denn dadurch `verschlechtert´ man im Grunde genommen nur das Ansprechverhalten und die Funktion des Federelements. Die Lowspeed Compression (=LSC) bemerkt man am deutlichsten vorn wie hinten in schnellen Anliegern. Mit einer offenen LSC im Dämpfer fühlt es sich bei einer sehr schnell gefahrenen Steilkurve an, als hätte man einen platten Hinterreifen. Die ganze Energie versackt im Federelement und das Tempo nimmt dadurch ab. Gleiches gilt für die Gabel. Sie taucht weg, wenn man sehr frontlastig fährt und es kann sein, dass man zu rutschen beginnt. Meistens geht man aber automatisch nach hinten und verlagert die Situation dann auf den Dämpfer. Das kann zu einer falschen Position auf dem Rad führen und zu deutlich weniger Tempo! In gewisser Weise muss also auch diese Einstellung etwas harmonisch sein und kann erst später auf die Vorlieben des Fahrers angepasst werden. Je höher der Kurvenspeed ist, desto höher muss auch die LSC sein um den `Gegendruck´ gewährleisten zu können. Bei etwas mehr LSC in der Gabel taucht sie beim Absprung weniger weg und es fühlt sich insgesamt ein wenig kontrollierter an. Beim Bikefestival in Willingen im Jahr 2014 fuhr ich ein 12,95kg leichtes Alutech Sennes FR mit 180mm an der Front und 200mm am Heck für ca. eine Stunde. Dieses Bike war sehr einzigartig und äußerst interessant, vor allem aber war am Dämpfer die Lowspeed Compression offen. Die Freeride Strecke mit ihren vielen Steilkurven wurde so zu einer eher enttäuschenden Abfahrt trotz des unglaublichen Potenzials dieses Rades für diese Strecke. Als ich dann mit meinen 22 Jahren zurück zum Stand fuhr und darauf aufmerksam machte, wurde ich natürlich ignoriert. Der Dämpfer war etwas zu weich, das war richtig und so änderte man nur den Luftdruck. Aber auch bei der zweiten Ausfahrt änderte sich nichts, quelle surprise. Die Federhärte und die Dämpfung müssen einfach zueinander passen, sonst arbeitet beides nicht richtig.

Nun kommen wir zur Highspeed Compression (HSC). Diese Einstellung verlangsamt die Einfedergeschwindigkeit bei hochfrequenten Stößen. Fährt man also über 50% der möglichen HSC, spürt man deutlich dass das Federelement entscheidend weniger Schläge aufnimmt und direkt an den Fahrer weitergibt. Der Grip verschlechtert sich vor allem dann, wenn das Tempo abnimmt. Wenn man auf einem recht ebenen Wurzelfeld mit viel HSC fährt und es dann auch noch nass ist, wird man sich nur schwerlich auf dem Rad halten können. Die HSC hält bei trockenen schnellen Strecken vor allem das Tempo, was allerdings sehr an den Kraftreserven des Fahrers nagen kann. Auf schnellen trockenen Highspeed Rüttelpisten, wie man sie öfter mal im Worldcup antrifft, fährt man dann eine recht schnelle Zugstufe, wenig LSC und sehr viel HSC. Das Bike wird zur Rakete, aber der Körper sollte dementsprechend trainiert sein, sonst geht einem schnell die Puste aus. Nun ein paar kleine Beispiele zum Ende. Auf einer freeridelastigen Strecke wie zum Beispiel in Willingen mit vielen Bremswellen fahre ich recht viel LSC, ein paar Klicks HSC als sonst und eine normale `Wohlfühl`-Zugstufe. Das Rad sagt in Kurven nicht weg und fühlt sich sicher beim Absprung an, die Bremswellen werden durch die geringe HSC nicht so anstrengend für die Hände und doch habe ich immer noch ein paar Reserven, wenn ich einen Table zu weit springe.
Auf der Downhill Strecke hingegen würde ich ganz anders fahren: Bei den vielen offenen Kurven und recht wenigen Anliegern recht wenig LSC, viel HSC, im Dämpfer auch etwas mehr davon und an der Gabel recht offene Zugstufe, am Heck wegen der großen Sprünge ein nicht zu schneller Rebound. Das gilt allerdings für trockene Bedingungen.

Bei nassen Bedingungen fahre ich nicht unbedingt weicher von der Federhärte, wohl aber von der Druckstufe insgesamt. Ein etwas geringerer Reifendruck tut sein übriges und sorgt dafür, dass das Rad am Boden klebt und auch beim rutschen nicht zu unruhig wird. Desweiteren ist mir aufgefallen, dass ich an der Gabel in viel größerem Maß und in viel größerer Relation die Werte verändere als ich das im Heck tue. So ergibt sich ein etwas `unharmonischeres´ Fahrwerk, jedoch verinnerlicht man nach und nach die Dämpfungseinstellungen im Heck in den Beinen, was einem sehr viel Sicherheit geben kann. Doch gerade bei Rennen hilft es, wenn man sich nicht zu sehr aus der Ruhe bringen lässt. Mein erstes Rennen in Tabarz machte mir das unmissverständlich klar. Freitag und Samstag war die Strecke trocken, doch am Samstagabend begann es heftig zu regnen. Am Sonntag war die Strecke nass und ich wurde sehr nervös vor dem Rennlauf. Meine Front war recht flach und das Fahrwerk nicht für Regen eingestellt. Trotzdem riet mir ein erfahrener Bekannter dazu, nicht panisch alles zu verstellen. Und damit hatte er völlig recht. Als ich den Matsch auf der Strecke sah, ließ ich vor dem Start noch etwas Luft aus dem vorderen Reifen. Auf der Strecke merkte ich, dass es zu viel Luft war. Manche Fehler muss man einfach erstmal selbst machen, bis man es richtig versteht.

Noch ein kurzes Schlusswort: Dieses Thema bietet eine riesige Diskussionsfläche und es gibt bestimmt Tutorials und Berichte, die es viel technischer oder anschaulicher vermitteln können als ich es tue. Wenn man sich aber bewusst macht, dass da eine Feder oder Luftkammer zusammengedrückt wird und Öl durch Öffnungen fließt, entmystifiziert man schon einiges in diesem Thema. Die Dämpfung in all diesen Federlementen funktioniert nur über die reine Kolbengeschwindigkeit und keines der angebotenen Systeme bietet eine völlig unabhängig voneinander einstellbare Druck- und Zugstufe. Beeinflussungen sind immer vorhanden, bei manchen Produkten mehr, bei anderen weniger. Es hilft viel darüber zu lesen, aber viel mehr noch es sich selbst zu `erfahren´!


Sonntag, 17. Januar 2016

Downhill - Rauf auf´s Rad und los! Oder doch nicht?


Wenn man sich ein wenig länger mit seinem Bike beschäftigt, viel selbst schraubt und vor allem fährt und immer wieder sein Setup verändert und überdenkt, dann wächst man mit den Herausforderungen und kann Fahrwerkseinstellungen und Geräusche am Bike viel besser differenzieren. Wenn man aber gerade erst anfängt, macht man automatisch eine Vielzahl von Dingen falsch. Das ist okay. Jeder fängt mal klein an. Ich bin mit meinem Rocky Mountain RMX in der Größe S auch Setups gefahren, bei denen ich heute die Hände über dem Kopf zusammen schlagen würde. Viel zu langer Vorbau aufgrund fehlender Rahmenlänge in Verbindung mit einem Lenker mit 50mm Rise und viel zu schneller Zugstufe im Heck, grausam!

Heute bin ich zwar immer noch kein Fahrwerksingenieur, habe aber dennoch fundiertes Wissen und einige Erfahrungswerte darüber was geht, und vor allem was nicht geht. Bei vielen anderen Fahrern sehe ich genau diese Entwicklung aber selbst nach Jahren nicht, selbst wenn sie sich viel anlesen und grundsätzliche Zusammenhänge verstehen. Es läuft oft darauf hinaus, dass man sich an den aktuellen Trends orientiert und diese für das absolute Optimum hält. `Wenn Aaron Gwin auf einem Enduro ein World-Cup Downhill Rennen gewinnen kann, dann reicht doch für mich auf jeder Strecke ebenfalls ein Enduro.´ Klingt erstmal recht vernünftig, entpuppt sich aber bei genauerer Betrachtung als absolute Binsenweisheit. In Bikeparks sieht man immer wieder sehr seltsam eingestellte und/oder aufgebaute Bikes, bei denen ich sich genau diese Betrachtungsweise offenbart. Natürlich muss ein guter Fahrer kein guter Schrauber sein, aber wenn man nicht gerade in einem World Cup Team mit eigenen Mechanikern fährt, sollte man dennoch grundsätzliche Dinge verstehen und sich daran halten.

Beispiele? Oh, da weiß ich gar nicht wo ich aufhören soll wenn ich damit anfange. Mich fragte mal jemand nach einem T25 Bit und einer Ratsche, um etwas fest zu ziehen. Ich fragte ihn nach dem gewünschten Drehmoment, denn ich hatte gerade einen Drehmomentschlüssel in der Hand. Er antwortete mit „Ach, 20nm sollten reichen“. Ich schaute ihn erstaunt an und fragte ihn was er denn festziehen wolle. „Nur die Bremsscheibe.“ `Hat Shimano deshalb versucht, den Centerlock Standard zu etablieren?´ dachte ich zuerst in diesem Moment. Die sechs Schrauben werden in der Regel mit 4nm über Kreuz angezogen. Der Kerl sah mir nach einem guten Fahrer aus und sein Santa Cruz V10.5 sah auch nicht gerade von schlechten Eltern aus. Meine Erklärungen schienen ihm trotzdem neu zu sein.

Mein zweites Beispiel: Mit insgesamt 11 Leuten waren wir August 2015 in Portes du Soleil im Urlaub. Wir standen in der Gruppe auf dem Berg von Les Gets und sprachen darüber welche Strecke wir noch fahren könnten. Ein Freund aus der Gruppe (der übrigens KFZ-Mechatroniker ist) war mit der Härte seiner Gabel unzufrieden, machte kurzerhand die Kappe auf und ließ Luft mit seinem Daumen aus dem Ventil entweichen. Ich konnte nicht fassen was ich da sah und machte ihn darauf aufmerksam dass er jetzt nicht weiß wie viel Luft da raus gekommen ist und dass er unter Umständen nun seine Gabel damit sehr stark überbelasten könnte. „Nee, nee, das passt schon so! Jetzt ist sie gut!“ –Er federte aus dem Stand ein und die Gabel sackte zu 60-70% ein- Zum Verständnis: Diese Luftkammer ist verhältnismäßig klein und der Druck recht hoch, Federhärtenanpassungen bei einer Luftgabel sollte man immer mit einer dafür vorgesehen Pumpe machen. Klar, beim Reifen ist das was ganz anderes! Da kann man zumindest ein Verhältnis abschätzen.

Aber genau da lauern die Probleme: Da hat man ein High End Bike mit Titanschrauben, Carbon-Anbauteilen und geht dann ohne jegliche Kenntnis über Drehmomente daran, die Teile fest zu schrauben. Wo ist da der Sinn? Diese grobe Fahrlässigkeit kann ich bei einem ohnehin nicht ungefährlichen Sport einfach nicht verstehen. Als würde man beim Fallschirmspringen darauf verzichten, seinen Schirm sowie Reserveschirm vor dem Absprung zu überprüfen.

Meine Philosophie lautet seit Jahren: Lieber mit einem günstigen, ungenauen Drehmomentschlüssel angezogen als gar nicht. Aussagen wie „das hab´ ich in der Hand“ kaufe ich einem KFZ Mechatroniker mit Jahrzenhte langer Erfahrung ab, aber sonst fehlt mir da die Glaubwürdigkeit. Mein Drehmomentschlüssel hat 25€ gekostet und er war bis jetzt jeden Cent wert! Mein Tipp: Macht euch eine kleine Tabelle und sucht alle benötigten Drehmomente raus die bei den Teilen empfohlen sind und schreibt auch die Größe des Bits dazu. Auf einmal muss man gar nicht mehr so viel Werkzeug mitnehmen und selbst die Notausrüstung reicht dann für fast alles aus.

Gerade jetzt wo man recht wenig Zeit auf dem Downhiller verbringt und meistens den Schnee oder in diesem `Winter´ dem Regen zusieht kann man sich auch einfach mal Zeit für das Bike nehmen. In einer Gruppe gibt es immer einen etwas erfahreneren Schrauber, der sicherlich auch bei einem Ölwechsel an der Gabel oder dem Entlüften der Bremse hilft. Das alles ist kein Hexenwerk, die Teile explodieren nicht wenn man sie anfasst. Wenn man sich mit dem Material vertraut macht, versteht man automatisch viel besser, worauf es ankommt oder was besonders wichtig ist. Und bitte: Nehmt euch Zeit dafür! Mal eben vor der Party am Wochenende noch den Ölwechsel machen, bevor es zum Vorglühen geht ist keine gute Basis für ein erfolgreiches Gelingen. Beim ersten Mal dauert es immer etwas länger.

Aber eins möchte ich zum Schluss noch einmal anbringen: Überprüft vor jeder Fahrt im Bikepark zumindest euer Cockpit. Lenker, Vorbau, obere Gabelbrücke. Da kann man im eiligen Montieren immer mal eine Schraube vergessen haben und das kann sehr schnell gefährlich werden! Und ein kurzer Test, ob die Bremsscheiben und Sättel wirklich fest sind kann auch niemals schaden. 

Freitag, 30. Oktober 2015

Mein Bike



Die nahezu  aktuelle Partliste inkl. Bild findet sich hier: http://fotos.mtb-news.de/p/1782909

Wie kommt man von einem ´10er Canyon Torque FRX auf ein Intense 951? Ende 2013 verletzte ich mir in den Filthy Trails das Knie und war für Monate außer Gefecht gesetzt. Mein Bruder wollte zu der Zeit sein Young Talent Tues LTD aus dem gleichen Jahr verkaufen, da ihm der Downhiller einfach zu viel war. Sein Canyon Torque FR stellte Ihn vollends zufrieden und das Tues überfordert eherEr überließ es mir zu einem sehr guten Kurs worüber ich heute noch sehr dankbar bin. So standen Sie nun beide im Zimmer, ein fertiges Torque FRX und ein komplett ausgestattetes Young Talent Tues. Und ich mit Orthese und zwei Krücken, das gefiel mir gar nicht. Also muss ein neues Projekt her, aus zwei mach eins und alles Überflüssige wird verkauft. Ich warf schon länger einen Blick auf das Intense M9, war aber mit ca. 1200€ für den nackten Rahmen völlig überfordert, es musste also ein Rahmen unter 1000€ sein. Meine beiden Favoriten Rocky Mountain Flatline aus 2012 und das Scott Gambler aus dem Jahr 2013 waren einfach zu teuer. Wo bekommt man nun einen potenten Downhillrahmen mit recht moderner Geometrie, der variabel einstellbar ist und mehr in Richtung "Race" geht? Die Rahmengröße muss ja nun leider auch passen wenn man gebraucht kauft. Mit 1,80m Körpergröße ist man sehr oft zwischen M und L und kann sich nach der eigenen Vorliebe entscheiden. Andererseits sind die Rahmen vor 5 Jahren insgesamt viel kleiner gewesen als Sie es heute sind.

Und dann sah ich ein rotes Intense 951 in der Größe L im Bikemarkt. 970€ wollte der Herr R. Kaiser dafür haben. In Foren liest man gerade zu dem älteren Modell viele negative Dinge: Rahmenbrüche, Probleme mit den Ausfallenden, Risse und ein schwierig einzustellender Hinterbau. `Ach quatsch, das passt schon.´ Ohne den Dämpfer (Fox DHX RC4) handelte ich vor Ort 780€ aus und wartete dann knapp einen Monat auf den Rahmen, denn der Verkäufer musste das Rad noch demontieren. So bastelte ich vor allem aus dem Young Talent das Intense auf, dabei wurde die Frage nach der Federgabel eine wahre Qual. Fox 40 Kashima oder doch eine BOS Idylle Air RaRe? Ich wusste, dass ich mittlerweile die grüne (härtere) Feder für die Fox benötigte und die dann auch am liebsten aus Titan. Kenner wissen dass die blaue Titanfeder sozusagen hinterher geschmissen wird, alles was härter oder weicher ist wird selbst gebraucht deutlich teurer. Dieser Gedanke sowie die Lobeshymnen meines Bruders über seine ehemalige Federgabel brachten mich dazu die BOS zu behalten. Als Dämpfer kam für mich nur der Cane Creek Double Barrel wegen des großen Einstellbereichs in Frage.

So langsam konnte ich wieder laufen und irgendwann stand dann auch ein fertiges Bike vor mir. Die Gabel wurde von der Einstellung her so belassen wie sie mein Bruder fuhr und der Dämpfer mit dem vom Hersteller empfohlenen Setup eingestellt. Doch die erste Ausfahrt in Malmedy war etwas irritierend. Da ich leise Bikes mag, machte mich ein unaufhörliches Knarzen auf der Strecke fast wahnsinnig. Kurbel, Innenlager, Pedale zerlegt, alles neu gefettet und wieder montiert. Das Knarzen war immer noch da. Am Ende des Tages erkannte ich endlich das Problem. Die G3 Ausfallenden, welche jeweils durch zwei lange Kettenblattschrauben- und dazugehörige Buchsen gehalten werden, waren in der Lauffläche so trocken dass sie bei den Belastungen dieses unerträgliche Geräusch verursachten. Ein bisschen Fett schaffte dann auch dort Abhilfe.
An dieser Stelle werde ich jetzt anhand bestimmter Komponentengruppen beschreiben, wie sich die Teile im Laufe verändert haben, da sonst keine vernünftige Gliederung möglich wäre.

Fangen wir einmal mit dem Fahrwerk und den grundsätzlichen Fahreigenschaften des Rades an. Die 500x3.00" Stahlfeder von Cane Creek erwies sich in kürzester Zeit als zu weich und musste gegen eine 550x3.00" getauscht werden. Später ging ich sogar auf eine 575er Titanfeder. Die High-Speed Einstellungen im Dämpfer lasse ich selbst heute nahezu unverändert. Und ich muss ehrlich zugeben, dass mich die High-Speed Rebound Einstellung eher verwirrt als das sie mir Erkenntnisse liefert. Dazu habe ich einen Tag lang verschiedenste Einstellungen ausprobiert und wurde nicht so recht schlau daraus. Den Low-Speed Rebound hingegen muss ich vor allem immer wieder verstellen, wenn ich die Position der Ausfallenden verändere, an dieser Stelle muss man sehr aufpassen! Der Hinterbau ist extrem sensibel und weich zu Beginn und soll mit 35% SAG gefahren werden. Andererseits ist die Endprogression extrem hoch, daher muss man recht viel Low-Speed Compression fahren um nicht permanent wegzusacken. Da eine gute Einstellung zu finden ist eine Gratwanderung. Bei der Gabel hingegen kam ich sehr gut zurecht und konnte mich schnell an ein gutes Setup herantasten. Mein Bruder fuhr die Gabel mit einem Luftdruck für ca. 65kg Fahrer, zum Ende hin fuhr ich Sie trotz recht viel Compression mit einer Vorspannung, die für ein Fahrergewicht von 100kg gedacht war. Das einzige Manko waren die 8 Wochen, die ich warten musste als ich die Gabel zum Service gab. Das führte mich dann zu einem Tausch gegen eine Manitou Dorado Pro, eine Gabel die ich schon immer haben wollte da ich bereits am alten Bike eine Upside-Down Gabel fuhr und mir diese sehr zusagte. Außer dem nervigen Entlüften[1] kann ich kaum Kritik daran verlieren. Mein Vorbesitzer war scheinbar nicht sehr aufmerksam beim Service gewesen und so musste die Gabel bereits nach wenigen Wochen ebenfalls zum Service. Das hat mich sehr verärgert, aber man kann manchmal schlecht abschätzen wie hoch dieses Risiko ist. Doch der gute Jerome Lehmann vom JL Suspension Service kümmerte sich hervorragend um das feine Stück. Ansprechverhalten aus dem Stand gehören nicht zu den Stärken der Dorado, sie stockt gern ein bisschen. Auf dem Track hingegen merkt man davon nichts. Nach dem Service war jedoch auch dieses Manko behoben, da lief alles einwandfrei. Die geringe Verdrehsteifigkeit der Gabel  im Gegensatz zu einem normalen Teleskop Modell harmoniert perfekt mit dem Rahmen, denn auch dieser ist alles andere als steif. Bei einer aktiv  und zügig gefahrenen Kurve hat man hin und wieder das Gefühl dass sich das Hinterrad zum Kurveninneren bewegt. Das war am Anfang sehr seltsam und beängstigend, mittlerweile habe ich mich aber sehr gut daran gewöhnt.

Bei den Bremsen vertraute ich wie schon am Canyon auf Magura.  Allerdings schien mir die Gustav M nicht nur wegen dem Gewicht sondern vor allem wegen den eher unüblichen Bremsscheiben mit den Maßen 210/190mm in die Jahre gekommen. Doch mit der neuen Gabel taten sich neue Möglichkeiten auf. Mit Postmount 6" Standard an der BOS bot sich an, den Gustav Sattel mit einem anderen Bremshebel zu kombinieren um zumindest etwas Gewicht zu sparen. Günstig bekam ich einen kompletten Satz der 2013er MT8. Vorn fuhr ich somit den Gustav M Sattel in Verbindung mit Sattelhalter Nr.8 und dem Adapter Nr.3 an einer 203mm Storm SL Scheibe. Und das hat erstaunlich gut funktioniert! Die Bremse war genauso bissfest wie vorher aber etwas leichter zu dosieren. Hinten entschied ich mich für die andere MT8 mit einer Scheibe in der gleichen Größe. Mit der Dorado allerdings ließ sich keine vernünftige Lösung finden und so fuhr ich ab dieser Zeit die MT8 auch vorn.

Nun ein kurzes Wort zu den Rädern. Die Felgen der e-thirteen LG1+ Laufräder waren mittlerweile so lädiert dass ich sie weder verkaufen noch tubeless fahren konnte. Man hat mit 1,6bar im Reifen zwar einen sehr guten Grip, doch die Felgen müssen darunter stark leiden wenn man zum Beispiel über Steine brettert. Nicht wahr, mein lieber Herr Bruder? Doch ich bereue es keine Sekunde sie behalten zu haben, Stabilität und Langlebigkeit sind hervorragend! Am Anfang stand der Versuch das Intense trotz des recht schweren Rahmens so leicht wie möglich aufzubauen. So wurde erstmal die standardmäßige Maxxis Minion Front / Rear Kombination verbaut bis ich dann auf die Idee kam, vorn und hinten Faltreifen mit leichten Schläuchen zu fahren (Schwalbe Magic Mary Trailstar & Continental MTB Light). Über 1kg an ungefederter, rotierender Masse machen sich bemerkbar. Das Rad wird deutlich schneller und lässt sich einfacher bewegen, allerdings sind unter 2,2bar nicht möglich gewesen und nach 10 Einsätzen waren die Karkassen der Reifen schrottreif. Danach probierte ich einige Maxxis Kombinationen aus und bin nun mit dem DHR II vorn und hinten seit dem IXS Rennen in Willingen unterwegs und sehr zufrieden.

Nachdem ich zwei Kettenführungen zerstörte und permanent mit der 165mm Kurbel aufsetzte wurde es Zeit für eine etwas langfristigere Lösung. Beim Antrieb inspirierte mich das 2013er Specialized S-Works Demo sehr und brachte mich auf die Idee das "Microdrive" Prinzip bei meinen Rad zu übernehmen. Doch die speziellen Teile von dt swiss waren nicht so leicht zu bekommen. Vorn fahre ich nun eine 155mm Canfield Kurbel sowie die e thirteen srs+ mini in Verbindung mit einem 32 Zähne Kettenblatt. Um das kleine Kettenblatt auszugleichen musste ich hinten mit den Ritzeln kleiner werden als 11 Zähne. Die Lösung war der Capreo Freilauf, eigentlich für Klappräder gedacht. Gibt´s denn da überhaupt eine Nabe mit den erforderlichen Maßen die man im Gravity Bereich nutzen kann? Oh ja, Canfield hat da ebenfalls passende Teile im Angebot. So ließ ich mir ein neues Hinterrad mit der speziellen Nabe bauen und kann nun zwischen zwei Übersetzungen hinten wählen: 26-11 mit dem e thirteen Hinterrad oder 26-9 mit dem Capreo Hinterrad. Außer das die Nabe nicht die Leichteste ist gibt es keinen signifikanten Nachteil. Vorn habe ich mehr Bodenfreiheit trotz gleicher Übersetzung zu einem 36-38 Zähne Kettenblatt.

Zu den restlichen Teilen muss ich nicht mehr viel verlieren, möchte aber noch zwei Anmerkungen zu den letzten beiden Veränderungen machen. Zum einen fahre ich seit dem Urlaub in Portes du Soleil die Shimano PD M-647 Klickpedale und möchte sie nicht mehr missen. Auf einen Schlag kann man sich ganz anders auf dem Rad bewegen und viel besser balancieren, dazu muss man aber erstmal akzeptieren dass man nicht derart fest auf dem Pedal steht wie sonst auf einem normalen Flatpedal. Die letzte Änderung ist eine Uhr an Vorbau und Lenker mit einer Stoppfunktion. Schon der erste Test hat mich überzeugt, diese Motivation effektiver und effizienter zu fahren ist bei jedem Lauf vorhanden.





[1] Die Gabel zieht unten Luft ein, welche sich unter den Verschlusskappen oben sammelt. Bei zu hohem Druck läuft dann das Öl unten heraus, daher muss man die Kappen abschrauben und den Druck entweichen lassen.

Montag, 19. Oktober 2015

Vorstellung

Ich heiße Maximilian, bin 24 Jahre alt, studiere in Aachen und fahre gern Rad. Damit ist schon viel gesagt. Aber da mich Menschen vermehrt nicht so richtig verstehen, versuche ich mich hier auszudrücken und blogge nun über das, was mir wichtig ist und mich beschäftigt. Natürlich werden sich die meisten Beiträge um den Sport drehen, doch andere Themen möchte ich auf gar keinen Fall ausschließen. Mir liegt viel auf dem Herzen und mittlerweile ist genug Erfahrung und Wissen vorhanden um es weitergeben zu können.

Über Fragen, Anmerkungen und konstruktive Kritik freue ich mich sehr. Vielleicht kann ich ja den einen oder anderen Menschen für diesen Sport begeistern oder auch helfen. In jedem Fall wäre mir Feedback gerade zu Beginn sehr recht. Viel Spaß beim Lesen!

Sonntag, 18. Oktober 2015

Downhill vs. Freundin!?

Jeder Biker kennt diesen Dialog oder wird ihn irgendwann im Bekanntenkreis einmal hören: "Wo ist eigentlich Philipp? Heute ist so schönes Wetter, kaum was los im Bikepark, sowas lässt er sich doch sonst nicht entgehen!" `Der hat jetzt eine Freundin.´ Und wurde nie wieder gesehen. Was da wohl passiert sein mag? Hat er jetzt auf einen Schlag keine Lust mehr auf sein leidenschaftliches Hobby? Oder wurde er vor die Wahl gestellt: Bike oder Freundin? Oder ist er frisch verliebt und derzeit ist einfach alles andere unwichtig geworden? Wenn man sich aus Sicht eines Mannes diesem Thema nähern möchte kann man eigentlich nur verlieren, aber mit der vorhandenen Gewissheit schreibt sich es vielleicht etwas befreiter.

Dazu gab es bereits einen sehr interessanten Beitrag in der ersten deutschen DIRT-Ausgabe von 03-04 / 2013. Nun nehmen wir aber mal den wahrscheinlich häufigsten Fall der vorkommt wenn man Downhill und Partnerschaft miteinander verbinden möchte: Ein radfahrender Mann und eine Partnerin die nichts mit dem Sport anfangen kann. Halt, das kommt mir doch bekannt vor! In meiner letzten Beziehung schaffte es meine Partnerin in 2 1/2 Jahren nicht, mich einmal an einem Bikepark-Tag oder gar einem Rennwochenende zu begleiten. Zu Recht lautete Ihre Begründung: "Und was soll ich dann dort? Sitze da nur rum und habe nichts zu tun, total langweilig." So passierte es dann dass sie mich nur Schultern zuckend ansah wenn ich abends von einem langen Bike Tag nach Hause kam und Floskeln wie "Hab heute den ultra geilen Whip rausgehauen" oder "Nun ist auch das dicke Road Gap im Wald geknackt" in den Raum warf.

Wo ist da jetzt der Fehler? Ihr Desinteresse an dem was ich mache? Oder meiner, dass ich überhaupt sowas sage? Natürlich muss meine Partnerin nicht wissen was eine High Speed Compression ist und mit welchen Drehmomenten der Lenker montiert wird. Ein kleines bisschen Interesse wäre aber nett, eben so groß dass man gegenseitig von dem sprechen kann was einen beschäftigt, das man respektiert was der Andere macht.

Ich muss nicht jedes Wochenende zwei Tage lang Rad fahren, selbstverständlich nehme ich mir auch die Zeit um zusammen zu sein, etwas zu unternehmen oder feiern zu gehen. Nun sieht es aus Sicht der Freundin aber so aus: Da steht man Samstag oder Sonntag früh zwischen 4-6Uhr auf und kommt abends zwischen 20-0Uhr zurück. Manchmal leicht lädiert, sehr oft völlig erschöpft und fast immer mit einem dicken Grinsen im Gesicht. Vielleicht aber auch mit einem Gips. Und da traf ich oft auch auf Unverständnis: 'Fährt der Typ wirklich einfach nur den ganzen Tag einen Berg herunter um dann wieder mit dem Lift hoch zu fahren? Wie kann denn sowas nur Spaß machen? Vielleicht betrügt er mich ja und schmeißt sich vor der Ankunft nur mal kurz in den Matsch damit ich denke dass alles in Ordnung ist.´ Hin und wieder erwischt man jemanden doch anhand von Mimik und Gestik in solchen oder ähnlichen Gedankengängen. Und wenn man sich dann über etwas völlig anderes streitet heißt es dann auf einmal:"Du bist doch sowieso IMMER jedes Wochenende Rad fahren!"

Aber es geht auch anders. Ich nahm einmal ein Date mit in den Bikepark, sie war grundsätzlich am Sport interessiert und neugierig, bekam ein Bike von einem guten Freund und wir fuhren dort die einfachste Strecke zusammen. Ich zeigte ihr ein bisschen was, fuhr langsam vor ihr her und später dahinter. Wir hatten beide Spaß, sie lernte sehr schnell und alles war bestens. Doch dann machte ich einen verhängnisvollen Fehler und fuhr dort die beiden schwierigsten Strecken mit teils etwas größeren Sprüngen von 6-7 Metern Länge. Die belgischen Filthy Trails haben sehr kurze Abfahrten und keinen Lift,  wenn man ein wenig heraufläuft bekommt man einen guten Überblick über die Strecken. Sie sah mich fahren und ich ahnte in etwa was sie gedacht haben muss: 'Oh mein Gott, der Kerl ist ja völlig verrückt. Und ich kann ja eigentlich noch gar nichts.´ Ja, jetzt weiß ich dass sie das bestimmt deprimiert haben muss. Das war mit Sicherheit aber nicht der Grund warum es mit uns beiden nicht geklappt hat, ein wenig Distanz schuf es aber.

Ist es also ausgeschlossen dass ein Downhiller eine Beziehung führen kann? So ein Blödsinn. Gegenseitiges Interesse ist der Schlüssel, dann entmystifizieren sich eventuelle Vorurteile. `Heißt das jetzt etwa, dass ich meinen Freund da mindestens einmal begleiten MUSS?´ Nein, aber es wäre schön. Denn mit einem Küsschen auf´s Nüsschen fährt sich die Lieblingsstrecke vielleicht noch ein wenig flowiger. Ganz zu schweigen davon, dass man kurz vor dem Rennlauf im Startturm steht und genau weiß dass die Liebste im Ziel wartet. Es klingt kitschig, aber ich fänd´s klasse! Wenn ich allerdings jetzt in dem Moment vor die Wahl gestellt würde, ich würde mich für mein Rad entscheiden. Das ist einfach ein Teil meines Lebens. Wer das nicht akzeptieren kann hat leider einfach Pech gehabt. Das sage ich jetzt aber auch mit 24 Jahren, single und kinderlos.